Leider ist das Programm von ZH-REFORMATION.CH bereits vorbei.
Das von Barbara Weber und Martin Heller konzipierte Langzeit-Fesival fand von Mitte 2017 bis Anfang 2019 in verschiedenen Spielstätten in Stadt und Kanton Zürich statt. Mitwirkende waren sowohl die grossen Institutionen Zürichs wie auch freischaffende KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen aus ganz Europa. Das facettenreiche Programm zeigte die Aktualität der Reformation und verlegte den Fokus von einem innerkirchlichen Ereignis auf die spürbaren Nachwirkungen im heutigen Zürich.
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Inhaltlich-Kuratorische Gesamtleitung: Barbara Weber und Martin Heller
Träger des Vereins «500 Jahre Zürcher Reformation»
So blicken einige der Beteiligten des Zürcher Reformationsjubiläums auf Zwingli.
Bild: Filmstill
Hatte Zwingli im Sommer den obersten Knopf offen? Diese Frage stellt Matthias Günter in seinem zwanzigminütigen Begleitfilm, den er im Auftrag Zürcher Reformationsjubiläums gedreht hat. Seine Aufgabe war unmöglich: Wie kann er einem mehrjährigen Programm gerecht werden, bei dem das Landesmuseum ebenso beteiligt ist wie das Theaterhaus Gessnerallee? Ein Programm, das sich wiederum auf komplexe Prozesse bezieht, die die Lokal- und Weltgeschichte der letzten 500 Jahre geprägt haben? «In drei Wochen muss der Reformationsjubiläumsfilm fertig sein und wir stecken noch mitten in der Recherche!» heisst es in den ersten Filmsekunden. Eine Erzählung vom Scheitern. Der Schauspieler, der den Filmemacher spielt, müht sich ab – und vermittelt dabei ebenso inhaltliche Einsichten zur Reformation, wie Einblicke in den Aufbau und den Hintergrund des Jubiläums.
Der Film ist eine Collage aus kritischen Webcam-Rückmeldungen von Co-Kuratorin Barbara Weber, Strassenumfragen vom Schauspieler im Kostüm und Outtakes von Predigten ebenjenes Möchtegern-Zwinglis. Kern des Films sind die Interviews mit beteiligten Historiker*innen, Künstler*innen und Verantwortlichen.
«Die Leute verstehen, was man meint, wenn man sagt «Züri isch so zwinglianisch»», sagt die Comiczeichnerin Kati Rickenbach. Dieses Statement legt offen, wie sehr Zürichs Identität mit der Reformation verflechtet ist. Trotzdem stimmt der Stereotyp «zwinglianisch» so nicht, vielleicht im Bezug auf den Stadtcharakter, aber nicht auf den Namensgeber: «Zwingli war eigentlich in so viele Sexskandale verwickelt, dass die Verbindung «zwinglianisch» zu «lustfeindlich» mit ihm selbst überhaupt nichts zu tun hat», sagt Martin Wigger, Leiter des Kulturhaus Helferei. Bei Huldrych Zwingli denken manche Beteiligten an einen Gotteskrieger, andere an ein Energiebündel. Die Statements sind sec; die Perspektiven mannigfaltig, fast überfordernd.
Der Film von Matthias Günter zeigt, wie widersprüchlich und uneindeutig Zwinglis Wirken in Zürich heute erlebt und verarbeitet wird. Oder in den nüchternen Worten von Co-Kurator Martin Heller: «Das Jubiläumsprogramm ist der Versuch in einem weiten Experimentierfeld zu verstehen was die Reformation war.»